Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.02.2013, Az. I ZR 237/11, lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beklagte eine vorbeugende Unterlassungserklärung im Zusammenhang mit der Gefahr urheberrechtlicher Abmahnungen wegen illegalen Filesharing an die Klägerin abgab, ohne jedoch im konkreten Fall vorher eine entsprechende Abmahnung erhalten zu haben. Allerdings war der Beklagte bereits anderweitig mit einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung konfrontiert worden.
Die Klägerin wertete die Abgabe der vorbeugenden Unterlassungserklärung als rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und machte deshalb gegenüber dem Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs.1 BGB, in dessen Schutzbereich der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb fällt, geltend. In § 823 Abs.1 BGB heißt es:
„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“
Der Bundesgerichtshof entschied jedoch, dass der Klägerin kein Schadenersatzanspruch
zusteht. Er hat zunächst ausgeführt:
„Der Schutz des § 823 Abs.1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben (BGH, Urteil vom 15.Mai 2012 -VI ZR 117/11, BGHZ 193, 227 Rn.19). Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen (BGH, Urteil vom 29.Januar 1985 - VI ZR 130/83, GRUR 1985, 470, 471; Urteil vom 21.April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 317).Unmittelbare Eingriffe in das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb, gegen die § 823 Abs.1 BGB Schutz gewährt, sind nur diejenigen, die gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen (BGH, Beschluss vom 20.Mai 2009 - I ZR 218/07, GRUR 2009, 980 Rn.12 = WRP 2009, 1246 - E-Mail-Werbung II; Urteil vom 22.Juni 2011 - I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn.75 = WRP 2011, 1469 - Automobil - Onlinebörse; BGHZ 193, 227 Rn.21 mwN).“
Weiter führt der Bundesgerichtshof aus:
„Es kann vorliegend offen bleiben, ob in der unaufgeforderten Übersendung einer mit einem Vertragsstrafeversprechen verbundenen Unterwerfungserklärung tatbestandlich ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Mandanten der Klägerin liegt. Dieser ist jedenfalls nicht rechtswidrig. Das Recht am Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den konkret kollidierenden Interessenanderer ergeben (BGHZ 138, 311, 318; BGH, Urteil vom 24.Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn.97, jeweils mwN). Die hierzu vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung wird den Besonderheiten des Falles nicht gerecht und kann deshalb keinen Bestand haben.“
Der BGH ist der Auffassung, dass der Beklagte durch die Abgabe einer vorbeugenden Unterlassungserklärung lediglich eine Möglichkeit wahrgenommen habe, die ihm auch rechtlich zustand. Dem Interesse des Beklagten, seine Rechte vorbeugend zu wahren, stünden keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Klägerin gegenüber.
Der BGH vertritt des Weiteren die Auffassung, dass der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit der unverlangten Zusendung von Werbe-E-Mails vergleichbar sei. Ein wesentlicher Unterschied bestehe darin, dass die Entgegennahme von Unterwerfungserklärungen mit Vertragsstrafeversprechen für Unternehmen, die zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Position gegen im Internet begangene Verletzungen der ihnen zustehenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte vorgehen, zu ihrer Geschäftstätigkeit gehöre. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine vorbeugende oder um eine erst auf eine Abmahnung hin abgegebene Unterwerfungserklärung handelt.